„Kulturbühne“ – Folge 13 – Heute: Comedienne Joanna Steinmann
Der Komikerin ist nicht zum Lachen zumute
Porta Westfalica (WB). Eigentlich ist sie es, die anderen Menschen ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Aber derzeit hat Joanna Steinmann selbst wenig zu lachen. „Corona hat mir seine Stacheln gezeigt“, sagt die Comedienne aus Porta Westfalica. Aber sie trotzt dem Krisenlamento mit energischen Ideen: näht Masken, managt junge Künstler und möbelt einen Raumausstattungsbetrieb auf. „Ich bin eben vielseitig kreativ“, stellt die gebürtige Polin klar.
Von Gabriela PeschkeDie Liebe zur Sprache hat sie als studierte Philologin aus ihrer Heimat mitgebracht, als sie 2003 nach Deutschland kam. Allein mit einem kleinen Sohn. Bevor Jahre später ihr Deutsch bühnenreif und fernsehtauglich wurde, bevor sie mit Preisen geehrt und unter Szene-Stars wie Tan Caglar (SWR Spätschicht) zum Geheimtipp avancierte, war das Leben von Joanna Steinmann eine „bunte Berg- und Talfahrt“, wie sie sagt. Geschickt mit Nadel und Faden, wurde sie zunächst Raumausstatterin in Bad Oeynhausen. Sie heiratete und baute als Mutter von inzwischen vier Kindern mit ihrem Mann einen Raumausstatter-Betrieb auf.
Stubenrein und familienfreundlich
Doch dann kam eine schwere Erkrankung; nichts war mehr wie zuvor. „Ich lag im Bett und dachte: Schreiben kann ich ja auch im Liegen“, berichtet sie. Das Ergebnis: erst ein Trendbuch für Raumausstatter, dann ein Comedy-Skript. „In dieser schweren Krise habe ich entdeckt, wie komisch das Leben ist“, kommentiert sie ihren Einstieg in den hart umkämpften Markt der Verbalunterhaltung. Den Stoff für die Lachsalven lieferten Begebenheiten aus dem Alltag. „Ich spreche nie zu einem polnischen Menschen über eine ‚Pollenallergie‘“, scherzt die Comedienne, die weiß, dass Missverständnisse der ideale Nährboden für Humor sind.
Sobald sie wieder laufen kann, erprobt sich Joanna Steinmann als „Comedy-StartUp“ im kleinen Kreis: in der Ganztags-Betreuung ihrer Kinder, in Cafés und Kneipen, unter Freunden. Der Zuspruch macht ihr Mut: Sie bewirbt sich im Berliner Quatsch-Comedy-Club – und wird sofort genommen! Integration und Sprachbarrieren, die Tücken der Kommunikation, sie werden fortan Steinmanns Lieblingsthemen, damit erheitert sie ganze Säle, von der Waterkant bis zu den Alpen.
„Aber der Spaß bleibt immer oberhalb der Gürtellinie“, versichert sie. Ihr Programm sei „stubenrein und familienfreundlich“, kein Vergleich zur ARD-Serie Nightwash. Mit jährlich fast 150 Auftritten tingelt sie über Jahre quer durch die Republik. Daheim gründet sie „nebenbei“ den Comedy-Cup „Porta lacht“. Johnny Armstrong und Dagmar Schönleber gehören zu den Gästen.
Ausverkauft, doch abgesagt
Mitten im Rush für die nächste Show kommt der Corona-Knick. „Mein Programm mit Tan Caglar war ausverkauft“, erinnert sie sich. An einem Freitag Anfang März. Doch stattfinden durfte es nicht mehr. Auch ihr zweites Standbein, die deutsche Promotion für einen amerikanischen Broadway-Sänger, geht in die Knie. „Von heute auf morgen kein Geld mehr. Aber eine sechsköpfige Familie muss ja satt werden“, beschreibt sie die Situation. Aus der Not eine Tugend gemacht, aktiviert Steinmann ihr handwerkliches Geschick: Im Keller des Hauses werden fortan Corona-Schutzmasken genäht und über das Internet vertrieben. „Anfangs kein schlechtes Geschäft, aber inzwischen sind alle versorgt“, sagt sie.
Doch ihre Augen funkeln, als das zarte Energiebündel sich über den Tisch lehnt und klarstellt: „Corona ist nicht die größte Krise in meinem Leben. Damit werde ich schon fertig!“. Das bedeutet: Joanna Steinmann hat neue Pläne. Mitten in der Kulturkrise werkelt sie am Konzept für eine Musikbar in Minden, die sie mit einem Sänger eröffnen will. „Musik ist wie Atemluft – man braucht es zum Leben“, sagt die quirlige Mittvierzigerin. Und legt noch einmal nach: „Mein Sohn Philipus ist mit seinen Cross-Over-Songs auf dem Weg zum ersten Plattenvertrag in Berlin. Da kann er ein bisschen Management gut gebrauchen“. Corona als Chance, sich immer wieder neu zu erfinden – Joanna Steinmann macht`s vor.
Rubrik: „Künstler im Hauptberuf“ .
Im Rahmen der Reihe „Kulturbühne“ sind bislang diese Beiträge erschienen:
Vorhang auf für die Kulturbühne
Folge 1: Bildhauerin Astrid Mulch
Folge 2: Theatergruppe Newcomers
Folge 3: Quartettverein Bad Oeynhausen
Folge 4: Violinistin Veronika Bejnarowicz
Folge 5: Kleines Theater Rehme
Folge 6: Handstand-Artist Sven Böker
Folge 7: Flechtwerkgestalterin Kerstin Eikmeier
Folge 8: Kantorei an der Auferstehungskirche
Folge 10: Improtheater Spek-Spek
Folge 11: Oboistin Hannah Mörchen
Folge 12: Rollschuhabteilung des RRC Lohe
Anrufen und GOP-Karten gewinnen
Sie möchten im Rahmen der „Kulturbühne“ der Rollkunstlaufabteilung des RRC Lohe Ihre Stimme geben? Dann rufen sie bis Sonntag, 3. Oktober, 2020, über die Gewinn-Hotline 01379/883007 (0,50 €/ Anruf dt. Festnetz, ggf. andere Mobilfunkpreise) an. Unter allen Anrufern werden ein Mal zwei Karten für den Besuch einer Vorstellung im GOP-Varieté verlost. Es hat nach einer Corona-Zwangspause den Spielbetrieb am 24. Juli 2020 wieder aufgenommen.
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Preisgeld von insgesamt 6000 Euro in drei Kategorien– Leser wirken mit Vorhang auf für die „Kulturbühne“
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„Kulturbühne“ – Folge 1 mit Bildhauerin Astrid Mulch Kreativität als Lebenselixier: „Kunst ist existenziell“
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„Kulturbühne“ – Folge 2 mit den „Newcomers“ aus Bergkirchen Stillstand: keine Komödie gleich keine „Kohle“
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„Kulturbühne“ – Folge 3 – Heute: Quartettverein Bad Oeynhausen „Es tönen die Lieder” – derzeit leider nicht
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„Kulturbühne“ – Folge 4 – Heute: Violinistin Veronika Bejnarowicz Corona zieht ganz neue Saiten auf
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„Kulturbühne“ – Folge 5 – Heute: Kleines Theater Rehme Wie die Faust aufs Auge: Goethe in der Corona-Zeit
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„Kulturbühne“ – Folge 6 – Heute: Handstand-Artist Sven Böker „Die Frage ist nicht, ob es weitergeht, sondern nur wann“